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Author Topic: German Speakers  (Read 514907 times)

Offline delb

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Re: German speakers
« Reply #60 on: March 16, 2006, 05:49:53 AM »
Du musst für einen Kurs extra nach Deutschland? Wenn das mal nichts mit deutscher Gründlichkeit zu tun hat.......
Wenn du niemanden findest um den Fil m mit dir anzuschauen, komme ich mal vorbei und begleite dich, wär doch nett sich mal die Hand zu schütteln, so als "global-brokeback-players".  ;) ;)
Bin auf der Arbeit und muss mich mal schnell wieder ausloggen....
Markus

Offline fritzkep

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Re: German speakers
« Reply #61 on: March 16, 2006, 08:03:01 AM »
Du musst für einen Kurs extra nach Deutschland? Wenn das mal nichts mit deutscher Gründlichkeit zu tun hat.......
Wenn du niemanden findest um den Fil m mit dir anzuschauen, komme ich mal vorbei und begleite dich, wär doch nett sich mal die Hand zu schütteln, so als "global-brokeback-players".  ;) ;)
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Markus


Du kennst ja die militärische Denkweise, die erkennen kaum irgendeine Schulung außer ihre eigene!  ;)

Das ist sehr lieb von dir, nur, eine Rundreise von 240 km ist ziemlich weit für einen Film, ja?

Übrigens, das letzte Mal, daß ich in Deutschland war, war 1973! 33 Jahre her!   :o  ;D
Werd ich zum Augenblicke sagen, "Verweile doch! Du bist so schön..."

Offline delb

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Re: German speakers
« Reply #62 on: March 16, 2006, 02:31:51 PM »
Ja, wär wohl etwas weit  ;).....
33 Jahre....in der Zeit hat sich ja ein bißchen was getan....

Vorgestern war ich zum dritten Male im Film und dachte, danach wäre es vielleicht dann mal gut, es setzt sich irgendwie und ist....vorbei. Ist es aber nicht, ich denke schon wieder ans nächste Mal und habe mich mit zwei Leuten zu unterschiedlichen Terminen verabredet. BBM hat mittlerweile auch in meinem beruflichen Umfeld etwas für mich verändert. Ich habe meinen Arbeitsplatz schon sehr lange und dementsprechend gut kenne ich auch meine Kollegen und sie mich. Sie waren teilweise auf meiner Hochzeit, haben Jahre später meine Trennung mitbekommen und wissen, dass ich seit sieben Jahren mit meinen beiden Kindern alleine lebe. Das meine Ehe zerbrochen ist weil ich mich geoutet habe weiß offiziell aber nur eine meiner Kolleginnen. Nun ist es gar nicht so, dass ich es geheim halten möchte, andererseits gibt es keinen Grund überall zu erzählen, hey, ich bin schwul. (Wie ist das bei euch?). Das ist, finde ich, immer sehr ambivalent, einerseits hält man sehr viel von sich geheim und erzählt Dinge auch immer nur sehr gefiltert um die anderen nicht zu verwirren, es geht ja schließlich keinen so richtig was an ???. Andererseits finde ich es schrecklich, nie so richtig ich selbst zu sein und stelle mir vor wie es ist, wenn sie es eines Tages mal erfahren, sagen sie dann, sieh an, die ganze Zeit hat er uns belogen! Schreckliche Vorstellung. Dann wieder bin ich eigentlich sicher, dass die meisten es sowieso wissen, unsere Stadt ist nicht so groß und die Leute sind meistens besser informiert als man glaubt.Sie sagen aber nichts weil es ihnen peinlich ist. Würden sie fragen, würde ich sofort die Wahrheit sagen, diese Scheu bin ich eigentlich schon lange los. Die letzten zwei oder drei Jahre habe ich also ständig überlegt: Wie stelle ich das mal klar? Nun hat sich irgendwie alles von selbst erledigt. Ich habe mit meiner 'eingeweihten' Kollegin den Film angesehen und wie von selbst kam am nächsten Tag  die Sprache darauf. Sie sagte, dass sie ohne mich nicht hingegangen sei und froh sei ihn gesehen zu haben und an der Reaktion der anderen merkte ich, alles klar, sie wissen es längst und sind wahrscheinlich froh nun zu wissen, dass ich weiß dass sie wissen...... ::)
Mittlerweile fragen sie mich: Und, noch mal im Kino gewesen und ich sage, klar, gestern, und bin so froh...

Eine Frage : Wie schätzt ihr das Verhältnis Alma/Ennis ein? Mich interessiert das sehr, habe ja ähnliches erlebt. Ich bin meiner Ex ohne Ende dankbar wie sie mein Geständnis damals aufgenommen hat, sie hat großartig reagiert, sicher auch weil sie für sich selbst neue Chancen sah, aber das heißt nichts. Wir kommen nun besser klar denn je und sogesehen ist alles klar. Trotzdem plagen mich oft noch ziemliche Schuldgefühle und ich denke: Wäre ich damals in der Lage gewesen ehrlich zu ihr zu sein, wäre uns allen viel erspart geblieben, vor allem auch ihr. Im Film finde ich sieht man sehr deutlich, dass Alma in ihrer neuen Ehe auch nicht so richtig glücklich ist, ich denke, dass sie Ennis sehr geliebt hat und trotz neuer Beziehung das alles längst nicht verarbeitet hat.
Wieviel Schuld hat Ennis?

Offline tennisguy

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Re: German speakers
« Reply #63 on: March 16, 2006, 03:52:23 PM »
Das gibt's ja gar nicht... Da habe ich jetzt schon so lange die Posts auf dieser Seite gelesen, mich inzwischen auch registriert und mal was gepostet und jetzt komm ich drauf, es gibt sogar ein deutschsprachiges Forum hier! Wer hätte das gedacht.

Ganz kurz zu mir: Ich bin zwar nicht Deutscher, sondern Österreicher, lebe aber in Deutschland und meine Familie ist halb amerikanisch. Ein Teil meiner Familie lebt sogar in Wyoming, ich kenne also noch aus meiner Kindheit, wie es dort ist. Mit nichts zu vergleichen, was man in Europa oder an der amerikanischen Ost- oder Westküste erleben kann.

Wollte mal hallo sagen.

Was nun meine eigene BBM experience angeht, so war ich letzten Donnerstag wohl die allererste Vorstellung in Deutschland, gleich die Nachmittagsvorstellung. Nach 20 Minuten dachte ich, mir würde der Film nicht gefallen, weil er so langsam losging. Aber der Rest war einfach umwerfend, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Kurzgeschichte hat mir übrigens gar nicht so gut gefallen. Ich weiß nicht warum, aber sie hatte sehr wenig Wirkung auf mich. Der Film dafür umso mehr.

@ delb: Freut mich wirklich für Dich, dass das offizielle Coming-Out nun so problemlos geklappt hat. Was die Frage der Schuld von Ennis angeht, so habe ich einen inneren Widerstand, sein Verhalten als schuldhaft anzusehen (vielleicht ist das der immer juristisch denkende Mensch in mir lol). Ursächlich für sein Verhalten, war ja nicht die Absicht, Alma zu schaden oder sie zu benutzen. Aus seiner Sicht hat er nur das einzig Richtige getan, nämlich den Erwartungen der Gesellschaft an ihn zu entsprechen. Er konnte einfach nicht anders. Man muss auch den zeitlichen Kontext in Betracht ziehen. Es gab damals nicht das Bewusstsein wie heute, dass jemand schwul ist und trotzdem eine Beziehung haben kann. Ennis, Jack, Alma sind allesamt Opfer einer Gesellschaftsmoral geworden, die Menschen einfach nicht so sein ließ, wie sie waren. Das ist das eigentliche Drama. Denn in einem gebe ich Dir Recht. Alma hätte es sich genauso wie Ennis und Jack verdient, dass sie mit jemandem zusammen ist, der sie so lieben kann, wie sie es tut.
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Offline fritzkep

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Re: German speakers
« Reply #64 on: March 16, 2006, 04:10:06 PM »
Ganz kurz zu mir: Ich bin zwar nicht Deutscher, sondern Österreicher, lebe aber in Deutschland und meine Familie ist halb amerikanisch. Ein Teil meiner Familie lebt sogar in Wyoming, ich kenne also noch aus meiner Kindheit, wie es dort ist. Mit nichts zu vergleichen, was man in Europa oder an der amerikanischen Ost- oder Westküste erleben kann.

Willkommen bei uns im Forum! In 1966-67 habe ich auch in Österreich gewohnt, in einem kleinen Dorf namens Aldrans südlich von Innsbruck. Damals habe ich bei der Uni da studiert, war nämlich ein Jahr im Ausland von meiner Schule in den USA (Notre Dame). Das war eine echt schöne Zeit!  :)

Und für delb: bei der Arbeit bin ich zum größten Teil nicht out, nur weil niemand darüber fragt. Bin nie verheiratet gewesen, bin aber mit meinem Partner jetzt 27 Jahre. Es gäbe wahrscheinlich da damit keine Schwierigkeiten, out zu sein, aber ohne Grund davon, was zu sagen, hat gar keinen Zweck. Wahrscheinlich ahnt man was, indem ich über BBM in letzter Zeit öfters geredet habe!   :D

Und ich finde ganz wenig Schuld bei Ennis, daß er Alma verheiratet hat, aber noch mit Jack sein wollte. Die Gesellschaft zur Zeit hat ihn eigentlich gezwungen zu heiraten. Alma konnte auch nicht was dafür. Man würde ihn auch noch heute so zwingen, in den meisten Ländern und bei meisten Familien. Besser natürlich wäre es, daß man die eigene Natur folgen könnte und nicht gezwungen werden, jemand anders zu sein, um andere Leute zu gefallen. Hilft nicht den anderen, hilft nicht sich selbst.

Ein anderer bei diesem Forum hat sich mal so geäußert: Man könnte ein belgisches Drehpferd trainieren, mit Rennpferden zu rennen. Der Drehpferd würde nur ein bißchen schneller laufen, aber wäre die ganze Zeit ganz miserabel.

« Last Edit: March 16, 2006, 04:25:11 PM by fritzkep »
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Offline Leandra

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Re: German speakers
« Reply #65 on: March 17, 2006, 01:31:45 AM »
Hey Delb, das freut mich auch für dich, dass das alles auf der Arbeit so geklappt hat. Irgendwie höre ich immer mehr von Leuten, die von ihrer Umgebung voll akzeptiert werden, eher mit Neugier oder Anerkennung begegnet statt Ablehnung. Lässt irgendwie hoffen bzw. stärkt das Vertrauen, dass es hier in Deutschland doch alles ziemlich gut ist, zumindest auf dem besten Wege.

Ich  habe ja auch ein paar Erfahrungen in die Richtung gemacht. Ich bin bi (obwohl derzeit sehr viel stärker auf Männer ausgelegt), und war mal mit einer Frau zusammen. Mein Vater (der auch mein Chef ist) wusste es sowie eine von meinen Kolleginnen. Mit einer der beiden anderen habe ich mich vor einem halben Jahr mal unterhalten und wir kamen allgemein auf das Thema Homosexuelle... und da ergab es sich dann im Gespräch, dass ich ihr auch davon erzählt habe, und ihre Reaktion war absolut positiv. Die andere hats dann auch noch mit bekommen und auch kein Problem damit gehabt. Gut, bei mir gibt es eigentlich wirklich keinen Grund, mich zu 'outen' weil ich davon ausgehe, dass ich eher eine feste Beziehung mit einem Mann haben werde (wenn ich endlich mal den richtigen finde *g*), aber es kann natürlich auch anders kommen. Und immerhin ist das Ganze ein Teil von mir, und irgendwas von sich zu verstecken tut nie gut.

Ich glaube, Homophobie ist in Deutschland langsam aber sicher am aussterben (ich hoffe, ich habe Recht und bin nicht einfach nur naiv), was nicht zuletzt daran liegt, dass das Thema auch politisch immer mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rückt. Es ist längst nicht mehr schockierend, wenn sich ein Deutscher Promi outet, und die Leute gewöhnen sich einfach immer mehr daran. Und das ist gut so. Ich glaube, die USA sind dahingehend noch ziemlich "rückständig".


Wegen Alma und Ennis: Ja, ich glaube auch, dass sie ihn sehr geliebt hat... Er mochte sie auch, nur hat er sie auch ein Stück dafür 'gehasst', dass er mit IHR zusammen sein muss und nicht mit Jack zusammen sein kann. Das macht es für alle Beteiligten wieder einmal sehr bitter. Hier wurden gleich vier Leben zerstört, nicht nur zwei. Ich denke für Alma ist das schlimmste mit unter, dass sie gar nicht damit umgehen kann, es gar nicht begreift, weil es ihr so fremd ist. Sie steht damit völlig allein dar, und das macht es sehr tragisch für sie.
Ich glaube auch nicht, dass die zweite Ehe mit Monroe eine wirkliche Liebesheirat war. Ich denke, er war gut zu ihr, konnte für sie sorgen, war lieb und nett - das Gegenteil von Ennis also, und damit eher einfach nur Spender von Geborgenheit und Sicherheit statt wirklich was fürs Herz.



P.S: Ich schätze, einige (oder die meisten) von euch kennen es, aber klickt doch mal mein Signatur Banner ;)


Offline BrokebackBerlin

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Re: German speakers
« Reply #66 on: March 17, 2006, 03:27:17 AM »
Hallo, zur Schuldfrage von Ennis,

ich glaube ja auch, dass im Film durch die Szene, wo dem jungen Ennis die Leiche des schwulen Nachbarn gezeigt wird, klar gemacht wird, dass Ennis dadurch traumatisiert wird. Durch das aufgerissene Schaf am Morgen nach der ersten Zeltnacht wird das noch mal deutlich. Wenn man dann a) die Zeit und b) den Ort (Wyoming) und c) Ennis beschränktes Bildungsniveau und d) sein Alter, in dem er heiratet, heranzieht, ist klar, dass er sich nie und nimmer selbst aus dieser Lage befreien konnte. Ihn trifft da keine Schuld. Und ich glaube, das trifft auch für viele zu, die aus familiärem oder gesellschaftlichem Druck heiraten.

Nach seiner Scheidung sieht das aber anders aus. Da macht er eindeutig einen großen Fehler, als er Jack wieder wegschickt. Der weiße Pick-up, den beide in der Szene beim Vorbeifahren beobachten, ist für mich so etwas wie der vorbeireitende Tod bzw. das Schicksal ( deswegen auch die Krähe, die über dem Truck fliegt ), denn das genau ist der Punkt, an dem ihr Schicksal sich entscheidet. Jack und wir merken da, dass es nicht Alma oder die Ehe ist, die Ennis zurückhält, sondern er selbst. Und aus den oben genannten Gründen kann er sich selbst nicht befreien.

Ich fand in dem Zusammenhang sehr interessant, dass Ang Lee in einem deutschen Interview gesagt hat, er wollte ursprünglich von Jake auch die Leiche des ermordeten Nachbarn darstellen lassen, das sei ihm dann aber doch zu „biblisch“ gewesen. Das würde ja heißen, dass Ennis von Anfang an nicht so sehr um sein Leben Angst gehabt hätte, sondern von vorneherein eher um das Leben von Jack fürchtete. Darin wurde er ja tragisch bestätigt.
« Last Edit: March 17, 2006, 03:39:42 AM by BrokebackBerlin »

Offline delb

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Re: German speakers
« Reply #67 on: March 17, 2006, 06:06:32 AM »
Danke für eure Antworten und hallo tennisguy, willkommen bei den Abhängigen....

Denn in einem gebe ich Dir Recht. Alma hätte es sich genauso wie Ennis und Jack verdient, dass sie mit jemandem zusammen ist, der sie so lieben kann, wie sie es tut.

Wie wahr, das ist eine der grundsäzlichen Aussagen dieser Geschichte, abgesehen von der schwulen Thematik. Die Ablehnung von Homosexualität in der Gesellschaft betrifft eben nicht nur die Schwulen negativ, es leiden alle, vor allem Kinder!


Ich glaube, Homophobie ist in Deutschland langsam aber sicher am aussterben (ich hoffe, ich habe Recht und bin nicht einfach nur naiv), was nicht zuletzt daran liegt, dass das Thema auch politisch immer mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rückt. Es ist längst nicht mehr schockierend, wenn sich ein Deutscher Promi outet, und die Leute gewöhnen sich einfach immer mehr daran. Und das ist gut so. Ich glaube, die USA sind dahingehend noch ziemlich "rückständig".

Wollen wir das Beste hoffen, sicher bin ich mir da aber nicht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute dann positiv auf das Thema reagieren wenn sie persönlich jemanden kennen von dem sie erfahren dass er schwul/lesbisch ist. Ist das nicht der Fall ist es immer noch gut für den nächstbesten Witz. Ob die USA so sehr viel rückständiger sind kann ich nicht gut beurteilen, schau dir dieses Forum an und lese nach wie viele Leute durch diesen Film ihre Einstellung überdenken und suche dann nach vergleichbarem auf deutschen Websites....irgendwie Fehlanzeige. Ich bin da unsicher, wäre es ein Film eines deutschen Regisseurs, den die Leute hier besser kennen, sähe es vielleicht anders aus. Auf jeden Fall beeindruckt mich immer wieder die amerikanische Offenherzigkeit und Wärme, die man hier auf diesen Seiten überall erfahren kann. Vielleicht kann uns fritzkep da mal eine Einschätzung geben. Fühlt man sich als Schwuler in den USA gesellschaftlich ausgegrenzt?

Nach seiner Scheidung sieht das aber anders aus. Da macht er eindeutig einen großen Fehler, als er Jack wieder wegschickt. Der weiße Pick-up, den beide in der Szene beim Vorbeifahren beobachten, ist für mich so etwas wie der vorbeireitende Tod bzw. das Schicksal ( deswegen auch die Krähe, die über dem Truck fliegt ), denn das genau ist der Punkt, an dem ihr Schicksal sich entscheidet. Jack und wir merken da, dass es nicht Alma oder die Ehe ist, die Ennis zurückhält, sondern er selbst. Und aus den oben genannten Gründen kann er sich selbst nicht befreien.


Da hatte ich genau die gleiche Assoziation, ist das nicht unglaublich gemacht? Ein paar lange Sekunden sieht man diesen weißen Pick-up lautlos durchs Bild fahren, das war fast schon gruselig.....Und als Jack wieder im Auto sitzt und zurück fährt läuft im Autoradio der wunderbare Emmylou Harris song 'A love that will never grow old', kann ich nicht genug von kriegen....Man möchte einfach immer nur haben, dass Ennis den Mund aufmacht und nur ein winziges Zeichen von sich gibt, das Jack etwas Hoffnung gibt.

Hey, bin beruhigt, dass ihr, so wie ich auch, Ennis nicht die Schuld gebt an dem Unglück Almas'  ;)

Offline tennisguy

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Re: German speakers
« Reply #68 on: March 17, 2006, 10:41:05 AM »
delb, vielen Dank für die Willkommensgrüße. Na ja, man kann schon sehr leicht abhängig werden, das muss ich schon zugeben.

Also ich kenn beides, Deutschland und die USA und ich muss sagen, dass die Situation in Deutschland - global betrachtet, nicht individuell gesehen - doch ziemlich anders ist als in den USA. Die Wärme und Herzlichkeit, die Du ansprichst, das stimmt, die ist Amerikanern zu eigen, zumal wir hier ja auch noch in einem Forum von Gleichgesinnten sind. Aber der ganz große Unterschied zwischen Deutschland und den USA ist die religiöse Rechte und ihr Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung. Natürlich kann man in NYC, LA oder San Francisco gut leben, wo - laut den religiösen Rechten der 'gay lifestyle' gelebt wird (= Drogen, Promiskuität, circuit parties etc.), aber auf dem Land ist das nicht so einfach. Bei uns sicher auch nicht im Gegensatz zur Stadt, aber das allgemeine öffentliche Klima ist in den USA wesentlich repressiver als hier. Mit entsprechenden Folgen, wie man im Fall von Matthew Shepard gesehen hat. Kommt in den USA ein Politiker auch nur in den Verdacht, jemals mit einem Mann was gehabt zu haben, na ja, von Schwulsein wollen wir mal noch nicht reden, muss er zurücktreten. Bei uns kann man damit Regierender Bürgermeister von Berlin oder Hamburg werden oder Parteivorsitzender. So etwas wäre in den USA für die breite Öffentlichkeit nicht so einfach unvorstellbar.

Wie gesagt, ich spreche hier von dem allgemeinen gesellschaftlichen Klima. Konkret vor Ort kann man Glück haben und auf verständnisvolle Menschen stoßen oder aber auch Pech, wie hier. Aber allein die Tatsache, dass in verschiedenen Bundesstaaten per Volksabstimmungen Eheverbote für Schwule/Lesben in die Staatsverfassungen aufgenommen wurden, weil man Angst hat, dass Gerichte sonst urteilen könnten, dass die Nichtzugänglichkeit der Ehe für Schwule/Lesben rechtswidrig ist, zeigt, welches Klima vielfach vorherrscht. Wenn wir ehrlich sind, war diese Mobiliserung der Konservativen auch ein Grund für die Wiederwahl des amtierenden Präsidenten. Viele haben bei der letzten Wahl die Republikaner im vorbeigehen gewählt, weil sie am gleichen Tag für das Eheverbot von Schwulen/Lesben in ihrem Bundesstaat abstimmen konnten. Für nicht wenige, war das ein Motivationsfaktor und in einem Land, in dem man sich zur Ausübung des Wahlrechts erst aktiv um eine Registrierung kümmern muss, kann eine solche Motivation der entscheidende Faktor sein, ob man zu Hause bleibt oder seine Stimme abgibt.

Ein Teil meiner Familie lebt in Wyoming und das ist wirklich sehr speziell. Meine eigene Tante spricht z.B. nicht mehr mit mir, seitdem ich ihr geschrieben habe, dass BBM meiner Meinung nach einer der besten Filme ist, die ich je gesehen habe. Seitdem herrscht bisher Funkstille. Sie hat mir nur mal gesagt, dass "real cowboys are not interested in that stuff".

Ich glaube, im Zusammenhang mit den USA muss man verstehen, dass es sowas wie ein kulturelles Leitbild gibt, das da lautet: (männlich, heute etwas eingeschränkter), weiß, protestantisch (oder zumindest sehr religiös) und heterosexuell. Entlang dieser Linien haben sich auch immer wieder die großen Konflikte in der amerikanischen Gesellschaft entzündet (women's lib, Black movement, gay rights).

Dass in Deutschland relativ wenig über den Film diskutiert wird, überrascht mich nicht. Ich bin sogar überrascht, dass er so gut besucht ist. In den USA steht die Frage der Rechte von Schwulen/Lesben seit einiger Zeit auf der Tagesordnung - ohne Lösung. Es ist klar, dass mit dem Film ein bestimmter Zeitgeist getroffen wird - und das ist absolut gut so. Dieser Film bildet einen Gegenpol zu den Zerrbildern, die viele Menschen von Schwulen/Lesben haben oder die über sie verbreitet werden und ist deshalb so immens wichtig.

In Deutschland scheint vieles erreicht, die Entpolitisierung des Themas Homosexualität ist doch ziemlich weit fortgeschritten. Das heißt noch nicht, dass man persönlich frei von Problemen ist. Aber zumindest was die öffentliche Meinung anbelangt, so ist die Frage wohl entschieden, ob Schwule/Lesben ein Teil der Gesellschaft sind, denen man Rechte zugestehen muss. Dieser Kampf ist in den USA gerade erst voll entbrannt und wird erbittert geführt. Wenn in Deutschland die letzten Scharmützel ausgefochten sind, d.h. - und jetzt werde ich mal juristisch - das Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz endlich durch ist, bleibt in rechtlicher Hinsicht an Regelungserfordernis nicht mehr so viel übrig, mit Ausnahme der Volladoption. In Deutschland wird in der breiten Öffentlichkeit nicht mehr akut darüber diskutiert, ob denn gleichgeschlechtliche Paare überhaupt so etwas wie eine längerandauernde Beziehung mit Liebe und Respekt haben können. So weit sind wir hier schon mal. In den USA können die Rechten noch frei Dinge sagen, die würde hier, na ja vielleicht abgesehen von Bayern, niemand sagen, weil sie offensichtlich absurd sind.

Nur zum Schluss: Das war jetzt hier keine billige USA-Kritik, wie ginge das auch mit meiner ganzen Familie dort? Ich liebe das Land und die Menschen, aber was zumindest diese Frage angeht, gibt es dort noch meiner Meinung nach mehr Probleme als hier. Dass es in anderen europäischen Ländern noch ganz anders aussehen kann, zeigt zum Beispiel Polen oder auch, leider, Österreich.

Aber es wäre durchaus interessant, das mal mit fritzkep und den anderen zu diskutieren.

@ BrokebackBerlin: Ich glaube seit meiner Studienzeit war ich nicht mehr so beeindruckt von einer solch tiefgreifenden Analyse. Im Kino hatte ich mich gefragt, was denn der weiße Wagen in der Szene sollte, den Raben hab ich noch nicht mal wahrgenommen :)) Aber jetzt macht das Ganze Sinn. Spooky.

@ fritzkep: Ich wurde in Innsbruck geboren und ja, dieses Studienprogramm mit Notre Dame gibt es bis heute!
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Offline BrokebackBerlin

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Re: German speakers
« Reply #69 on: March 17, 2006, 12:25:49 PM »
Danke für den umfassenden USA-Deutschland-Vergleich. Mittlerweile frage ich mich aber, ob wir nicht im europäischen Vergleich doch wieder zurück fallen. Gerade gestern hat Tschechien die Homo-Ehe beschlossen – ähnlich wie Spanien und Großbritannien der normalen Ehe vollkommen gleich gestellt. Und leider sind ja auch hier die Kirchen absolut unversöhnlich dem Thema  gegenüber ( auch die evangelische : vor ein paar Jahren hat die „Basis“ in einem norddeutschen Kirchenbezirk ( oder wie’s heißt ) einer Segnungszeremonie für gleichgeschlechtliche Paare in Kirchen zugestimmt, wurde dann aber von der Kirchenleitung zurück gepfiffen. Und die katholische Kirche ... reden wir nicht darüber.

Um aber noch mal auf den weißen Truck zurück zu kommen ( < ich hoffe, das ist alles neue Rechtschreibung, was ich hier mit den ganzen Worttrennungen mache ): man sieht gar keinen Fahrer. Die Farbe des Trucks ist dieses schmutzige Weiß. Ich meine, mal gelesen zu haben, Weiß sei in einigen asiatischen Kulturen die Farbe des Todes und der Trauer, weil es die Farbe (menschlicher) Gebeine sei. Und wenn man dann die Farbe von Ennis Elternhaus bedenkt  ... Übrigens taucht hier bei Ennis Eltern auch wieder die Krähe / der Rabe auf. Als Ennis aus dem Wagen steigt und auf die Mutter zugeht, hört man den Wind und ... Krähen. Als Ennis dann das Fenster in Jacks Zimmer öffnet, hört man sie wieder. Spooky, wirklich.

Es gibt hier im Forum auch die Deutung von Jacks Elternhaus als Hades, dem Totenreich aus der griechischen Mythologie. Wie Orpheus steigt Ennis in den Hades hinab um seinen Geliebten Jack (entspricht Eurydike), bzw. seine Asche, dort heraus zu holen. Und wie Orpheus scheitert er. Jacks Vater wäre dabei der Totengott Hades selbst bzw. der Höllenhund Zerberus, der den Eingang bewacht – und wenn Ennis mit den Hemden an ihm vorbei geht sieht es wirklich aus, als ginge er ängstlich an einem Wachhund vorbei.

Ang Lee ist ein Genie, und ich glaube es werden noch viele Bücher über diesen Film geschrieben werden.

Jan

Offline fritzkep

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Re: German speakers
« Reply #70 on: March 17, 2006, 12:48:36 PM »
Vielleicht kann uns fritzkep da mal eine Einschätzung geben. Fühlt man sich als Schwuler in den USA gesellschaftlich ausgegrenzt?

Ich fühle mich gesellschaftlich überhaupt nicht hier in den USA ausgegrenzt. Aber, ich wohne in einem nahen Vorort einer größeren Stadt (Washington DC), ein Vorort (Arlington VA), der einen besonders toleranten Ruf hat. Ich habe nie in einem kleinen Ort gewohnt (New Orleans LA, South Bend IN, Washington DC und Arlington VA). Mein Partner (der aus einer mittelgroßen Stadt in New Jersey herkommt) und ich sind Leute, die man als "straight" erkennen würde; dies ist keine Fassade, sondern wir handeln uns, wie es uns am angenehmsten geht. Wir haben überhaupt nichts gegen diejenigen, die man sofort als schwul erkennen würden, aber es wäre unfair, uns zu zwingen, uns so zu handeln, als umgekehrt. Seitdem wir den Film gesehen haben, geben wir uns eigentlich mehr Mühe, mehre schwule Freunde zu machen, und seitdem sind wir in gesellschaftlicher Verbindung mit vielen mehren Leuten als vorher. Ich gehe auch regelmässig zur Kirche (mein Partner aber nicht), da aber diskutiert man ganz wenig darüber, weder dafür oder dagegen. (Bin übrigens katholisch, wir nehmen unsere Religion hier in den USA etwas ernsthafter als in Deutschland!  ;) ). Ich finde keinen guten Grund anzufangen über Schwulheit (ist das ein Wort?) zu reden, aber wenn andere wollen, leugne ich es nicht ab. Ich hoffe, dies antwortet die Frage, ein bißchen!
« Last Edit: March 17, 2006, 12:51:42 PM by fritzkep »
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Offline delb

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Re: German speakers
« Reply #71 on: March 17, 2006, 01:31:17 PM »
@tennisguy
Danke für deinen USA-Einblick, very much appreciated! Ich komme hier aus einer Gegend die extrem pietistisch ist mit vielen verschiedenen freikirchlichen Gemeinden, meine halbe Verwandtschaft gehört solchen Clubs an, man kann da komplett die Übersicht verlieren. Das sind grauenvolle Vereine, furchtbar, und ich kann ganze Bücher über diese Leute und ihre Selbstherrlichkeit erzählen. Die würde ich zu der" religiösen Rechten" hierzulande zählen, das ist noch ein ganz anderes Kaliber als die katholische Kirche. Wenn die zu sagen hätten......

@BBBerlin
entweder hast du den Film 20 mal gesehen oder du hast ein fotografisches Gedächtnis!! Das mit dem Hades hinkt insofern, dass Orpheus seine Eurydike ja gerade lebend wieder bekommen soll. Andererseits sind die zwei Hemden sicher etwas sehr lebendiges für Ennis und sie werden ihm nicht genommen. Der Vergleich ist sehr schön und gefällt mir gut. Orpheus muss ja wie ein Gott singen um überhaupt in den Hades eintreten zu können, da allerdings müsste Ennis uns doch noch sehr überraschen!

Nun noch was aus dem Nähkästchen: Der Film hat mich(unter anderem) so sehr berührt weil ich an einen Mann denken musste, mit dem ich vor zwei Jahren zusammen war. Wir hatten eine traumhafte Zeit, allerdings war sie nicht von sehr langer Dauer :-\.
Wenn ich Rollen verteilen sollte, wäre er wohl Jack und ich Ennis. Wie auch immer, ich musste die Tage viel an ihn denken und wer stand heute nachmittag an meiner Tür und klingelte? Genau. War schön ihn zu sehen, allerdings ist er jetzt mit einer Frau zusammen, wenn mir das mal nicht recht geschieht ;) Er fragte mich, ob ich schon BBM gesehen hätte und vielleicht mal mit ihm gehen würde....heimlich, seine Freundin darfs nicht wissen! .AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAhhhhhhhhhhh!


 

Offline delb

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Re: German speakers
« Reply #72 on: March 17, 2006, 01:41:01 PM »
@BBBerlin

Gerade sehe ich erst deine Signatur mit dem Link..... zum wegschmeißen. 

Offline PALeben

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Re: German speakers
« Reply #73 on: March 17, 2006, 02:46:00 PM »
Ich weiss nicht, ob ich das Wort "ausgegrenzt" benutzen würde. Man würde besser über Toleranz und Zulässigkeit sprechen. Kann man offen oder schon "out" sein? Das hängt an wo man wohnt und was man beruflich macht. Wie Fritzkep geschrieben hat, ist es am besten in Grossstädten, besonders and den Küsten. Am schwierigsten ist es auf dem Lande, genau wie tennisguy geschriebn hat. In Klein-und Vorstädten hängt es an wie weit man von der Grossstadt wohnt.

Ausserhalb der Grosstädten muss man vorsichtig und nicht so offen sein, wenn man Polizist, Lehrer, Arzt, Politiker oder Soldat ist. Vor zwei Jahren musste der Governor von Bundestaat New Jersey vom Amt zurücktreten, als er geoutet wurde. Der Bürgermeister meiner Kleinstadt in Pennsylvania ist vielleicht Schwull. Fast jeder glaubt das. Er ist ein sehr guter Bürgermeister für unsre stadt, ist sehr beliebt, und wird immer wieder gewählt - solange er nicht out ist und nichts darüber spricht. Hier wird es langsam besser, aber es gibt immer noch Vorurteilen gegen Schwulen und ma fürchtet, daß die Rechts-Christen politisch stärker werden, obwohl sie eine Minderheit hier sind. 

Ich hoffe, ich hab' ein bißchen mehr erklärt und ich bitte auch um Verständnis, wenn ich alles nicht ganz richtig geschrieben habe. Deutsch ist nicht meine Muttersprache. 
and if you can't fix it, you've  got to stand it
I wish I knew how to quit you....nah, no I don't.

Offline fritzkep

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Re: German speakers
« Reply #74 on: March 17, 2006, 06:25:24 PM »
Wie schon erwähnt, bin ich die nächsten zwei Wochen weg (in Deutschland!), aber unsere gute und liebe Moderatorin Auntie Pasta (Killersmom) wird die verschiedenen Threads in fremden Sprachen so machen, daß die immer auf der ersten Seite hier bleiben ("sticky"). Damit könnt ihr den Thread immer finden, und Neuankömmlinge auch. Ich erwarte, daß ich viel zu lesen haben werde, wenn ich zurückkomme! Tschüß und viel Spaß!

Euer, Fritz

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